Gründungsmotivationen & Hürden für Frauen in Deutschland

Jährlich steigt die Anzahl der Unternehmerinnen und Gründerinnen in Deutschland: Laut des Deutschen Startup Monitors erhöhte sich der Frauenanteil an im Jahr 2018 das vierte Jahr in Folge. Doch wie genau ist dieses Wachstum zu bewerten? Betrachtet man die Zahlen genauer, fällt auf, dass zwar kontinuierlich ein Anstieg stattfindet, jedoch fällt dieser verhältnismäßig langsam aus:

Während im Jahr 2013 der Frauenanteil bei 13 % lag, erhöhte sich der Wert zwischenzeitlich auf 14,6 %. Das bedeutet einen Anstieg von 1,6 Prozent innerhalb von 6 Jahre. In der Technologiebranche ist die Frauenquote bei Gründungen noch niedriger und beträgt gerade einmal 5 %. Bei näherer Betrachtung der Zahlen wird deutlich, dass weibliches Unternehmertum erst im 22. Jahrhundert nachzieht.

Diverse Umfrageergebnisse zu diesem Thema zeigen, weshalb Frauen seltener gründen und wie sich ihre Gründungsmotivationen von denen der Männer unterscheiden. Auffällig ist dabei, dass monetären Anreizen für Männer eine deutlich höhere Bedeutung zukommt, als für Frauen. Die übrigen Umfrageergebnisse unterscheiden sich nur wenig bis kaum voneinander: Laut den Daten des Instituts für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim ist der Faktor „Unabhängigkeit“ für beide Geschlechter die wichtigste Gründungsmotivation.

Eine neue Untersuchung des Softwareanbieters SEMrush bietet jetzt neue Einblicke in das Thema „Gründungsmotivationen & Hürden in Deutschland“ und geht dabei der Frage nach: Was googeln potenzielle Gründerinnen und Gründer in diesem Zusammenhang? Welche Themenbereiche sind besonders relevant? Und wie hat sich diese Themenrelevanz in den vergangenen vier Jahren entwickelt? Die Analyse von über 14.960 Web-Daten gibt interessante Aufschlüsse.

Familie und Beruf & Benachteiligung am Arbeitsplatz

Besonders die Themen Familie und Beruf sowie Benachteiligung am Arbeitsplatz spielen den Google-Insights zufolge eine zentrale Rolle für die Suchenden: Die Google-Suchanfrage „Familie und Beruf vereinbaren“ wurde beispielsweise im Jahr 2018 um ganze 100 % häufiger recherchiert, als noch im Jahr 2015.

Die Work Life Balance weist einen Anstieg von durchschnittlich 24 % mehr Suchanfragen pro Monat auf. Mit Ø 4.392 und Ø 1.825 monatlichen Suchanfragen waren im Jahr 2018 außerdem die Themen „Gender Pay Gap“ sowie „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“ besonders relevant.

Steigende Relevanz von Gründerinnen-Netzwerken

Laut Aussagen erfolgreicher  Gründerinnen wurde ihre persönliche Entscheidung für eine Gründung unter anderem positiv durch die immer präsenter werdenden Gründerinnen-Netzwerke und Organisationen beeinflusst. Durch den intensiven Erfahrungsaustausch und kompetenter Ansprechpartner wird hier hilfreiche Unterstützung geboten.

Neben der Verwendung gewisser Suchbegriffe untersucht SEMrush außerdem die Nachfrage nach eben diesen Netzwerken. Der Vergleich der Traffic-Daten 30 unterschiedlicher Websites für (potenzielle) Gründerinnen zeigt vor allem eines: Die Nachfrage nach Netzwerken speziell für Mütter ist besonders hoch. Das wiederum bestätigt die Ergebnisse zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Signifikante Gründungshürden

Eine in Deutschland sowie in neun weiteren Ländern durchgeführte, repräsentative Studie aus dem Jahr 2018 ergab, dass 45 % der befragten Frauen davon träumen, ein Unternehmen zu gründen. Jedoch geben die befragten Frauen auch an, dass vor allem Finanzierungsgründe und fehlendes Know-how sie daran hindern:

  • Mangelnde finanzielle Unterstützung (49 %)
  • Wirtschaftssituation (43 %)
  • Hohe Steuerlast (29 %)
  • Bürokratie (28 %)
  • Fehlende Beratungsangebote (16 %)

Auch die SEMrush-Daten bestätigen dies und zeigen, dass beispielsweise der Businessplan eine große Herausforderung darstellen kann. Seit 2015 steigen entsprechende Google-Suchanfragen kontinuierlich:

  • +269 % mehr Google-Suchanfragen für „Businessplan Gliederung“
  • +244 % mehr Google-Suchanfragen für „Businessplan Vorlage Word“
  • +181 % mehr Google-Suchanfragen für „Businessplan Inhalt“

Aus dem DIHL Gründerreport 2018 geht wiederum hervor, weshalb die Finanzierung sowie das Know-how zur Hürde für Gründerinnen werden: Strukturelle Probleme wie die klassische Rollenverteilung sowie vorherrschende Geschlechterklischees spielen hierbei eine zentrale Rolle. Viele Mütter, die für lange Zeit das Unternehmen „Familie“ managen, können in dieser Zeit weder Kapital ansparen, noch wichtige Kontakte knüpfen, Erfahrung sammeln oder Fachwissen generieren. Zudem belegt eine Studie der Harvard Universität, dass vorherrschende Geschlechterklischees ein Grund dafür sind, weshalb Frauen weniger Wagniskapital bekommen.

Was sagen Gründerinnen?

Neben der quantitativen Untersuchung befragte SEMrush 25 erfolgreiche Gründerinnen aus Deutschland nach ihren Beweggründen sowie den Hindernissen bei der Gründung des eigenen Unternehmens.

Was war Ihre Hauptgründungsmotivation? 

„Ich konnte mir nicht vorstellen, in meinem Angestellten-Job als Beraterin eine Familie zu gründen. Die meisten Unternehmensstrukturen sind leider nicht besonders familienfreundlich. Ich persönlich wollte da mehr Freiheit in der Gestaltung meiner Arbeitszeiten.“ (Lisa Jaspers, Folkdays)

„Geschlechterklischees werden häufig als Gründe aufgeführt. Welche Gründe sehen darüber hinaus?“

„Ein Beispiel ist, dass der Investmentmarkt und die damit verbundenen Geldvergaben noch immer sehr männlich dominiert sind. Das führt gerade in frühen Finanzierungsphasen dazu, dass Frauen weniger Zugang zu Kapital bekommen. Im Zusammenhang der Geschlechterklischees halte ich es für besonders wichtig, dass Unternehmertum bereits sehr früh in den Schulen eine Rolle spielt.“  (Nora-Vanessa Wohlert, EditionF)

„Was muss sich Ihrer Meinung nach ändern, damit mehr Frauen gründen?“

„Sehr viel. Zunächst einmal denke ich, dass es vor allem an Vorbildern mangelt. Zu wissen, dass es möglich ist, kann für viele Frauen ein Gamechanger sein. Elon Musk, Bill Gates, Mark Zuckerberg – dass diese Personen alle männlich sind, schafft das Narrativ des männlichen, weißen Gründers. Der nächste Steve Jobs muss weiblich sein! Wir bewegen uns in die richtige Richtung: Sallie Krawcheck in den USA bekommt eine tolle Medienpräsenz, Lea-Sophie Cramer in Deutschland als Jurorin einer TV Show zur Prime Time. Aber das sind Baby Steps – we need more!“ (Lisa Gradow, Usercentrics)

Infografik: Female Founders in Deutschland

Über die Studie
Die SEMrush-Daten beziehen sich auf Google, die in Deutschland meistgenutzte Suchmaschine. Insgesamt wurden mit dem Online Marketing-Analysetool SEMrush über 14.960 Datensätze analysiert und im Anschluss ausgewertet.

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